Rehabilitation

Rehabilitation von Hirntumorpatienten

Interview mit Neurologe Dr. Thomas Brand

Markus-Klinik in Bad Driburg

 

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Rehabilitationsbehandlung?

Diese Frage ist nur individuell zu beantworten. Die meisten Patienten kommen zur neuroonkologischen Rehabilitation nach erfolgter Operation und abgeschlossener Strahlentherapie noch während einer Chemotherapie. Das sogenannte Anschlussrehabilitationsverfahren (AHB) beginnt spätestens 14 Tage nach Krankenhausentlassung.

 

Das sogenannte Heilverfahren, bei dem keine unmittelbare Krankenhausbehandlung vorausging, sollte nach Abschluss aller Behandlungen erfolgen. Leider geht dabei unter Umständen kostbare Zeit verloren. Der ambulant weiterbehandelnde Facharzt kann aber auch ohne vorausgegangene stationäre Krankenhausbehandlung eine stationäre neuroonkologische Rehabilitation beantragen, was dann meist vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherungsträger geprüft wird.

 

Was kann ich von der Rehabilitation erwarten?

Die stationäre neuroonkologische Rehabilitation von Hirntumorpatienten richtet sich nach den individuellen Krankheitsfolgen. Sie hängt davon ab, ob beispielsweise Lähmungen, Gleichgewichtsstörungen, Feinmotorikstörungen, Sprachbeeinträchtigungen oder geistige Leistungsbeeinträchtigungen im Vordergrund stehen. Diese werden von einem therapeutischen Team bestehend aus Krankengymnastik (Physiotherapie), Ergotherapie, Logopädie, Neuro-Psychologie, Physikalische Therapie und Pflegedienst unter ärztlicher Gesamtverantwortung bei Ankunft in der Rehabilitationseinrichtung untersucht. So kann der Patient einer spezifischen Therapie zugeführt werden.

 

Leider liegt es in der Natur neuroonkologischer Erkrankungen, dass man nicht in jedem Fall mit einer Heilung rechnen kann. Auf jeden Fall wird aber eine Linderung der Beschwerden und damit ein kostbarer Gewinn von Lebensqualität angestrebt. Außerdem können in der Rehabilitation sozialrechtliche Fragen, die aus einer derartigen Erkrankung resultieren, mit den Sozialdiensten besprochen werden. Hierbei geht es zum Beispiel um Fragen der beruflichen Wiedereingliederung, des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben, einer Anerkennung nach dem Schwerbehindertenrecht, der Organisation von häuslicher oder unter Umständen stationärer Pflege.

 

Eine mehrere Wochen dauernde stationäre neuroonkologische Rehabilitation bietet überdies den Vorteil, mit den Ärzten nochmals eingehend über die Erkrankung und die oft unsichere Prognose ohne Zeitdruck sprechen zu können und dabei die Angehörigen einzubeziehen.

 

Was ist für Hirntumorpatienten besser geeignet: neurologische oder onkologische Rehabilitation?

Als Neurologe befürworte ich die Durchführung in einer stationären neurologischen Rehabilitationseinrichtung, weil dort die Voraussetzungen für die spezifische Behandlung neurologischer Erkrankungen gegeben sind, wie zum Beispiel die Möglichkeit zur neuropsychologischen Therapie. Hierunter versteht man die Diagnostik und Behandlung geistiger Leistungsbeeinträchtigungen durch einen Hirntumor.

 

Ein explizites neurologisches Fachwissen der Ärzte, das man bei der Rehabilitation von Hirntumorerkrankungen unbedingt benötigt, ist außerdem in einer neurologischen Rehabilitationseinrichtung sichergestellt.

 

Eine onkologische Rehabilitationsklinik sollte entsprechend für neuroonkologische Patienten zumindest über ein neurologisches Segment mit neurologischem Facharzt, mit Physio- und Ergotherapie auf neurophysiologischer Grundlage, Logopädie und Neuropsychologie verfügen.

 

Wird die Rehabilitation stationär durchgeführt oder gibt es auch ambulante Maßnahmen?

Eine neuroonkologische Rehabilitation kann vollstationär oder teilstationär erfolgen. Die vollstationäre Rehabilitation wird über drei bis fünf Wochen in einer neuroonkologischen Rehabilitationsfachklinik durchgeführt, in der man über den Gesamtzeitraum durchgehend verweilt.

 

In einer Reihe von Ballungsgebieten gibt es heutzutage zunehmend auch die Möglichkeit  „ganztägig ambulanter“ Rehabilitation in Tageskliniken. Hier kann man im gewohnten Wohnumfeld verbleiben und wird tagsüber intensiv behandelt. Dadurch können Patienten während der Rehabilitationsmaßnahme im häuslichen Wohnumfeld verbleiben. Allerdings müssen dabei Doppel- oder Dreifachbelastungen durch den häuslichen Alltag vermieden werden. Ein weiteres Problem können die täglichen An- und Abreisen zu und von der Tagesklinik darstellen, da bei einem Hirntumor häufig die Fahrtauglichkeit beeinträchtigt ist.

 

Was müssen Patienten tun, damit die Rehabilitation schnell beginnt?

Bereits in der Krankenhausbehandlungsphase sollte mit den behandelnden Ärzten über Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer stationären neuroonkologischen Rehabilitation gesprochen werden. In der Regel wird dies von den dort behandelnden Ärzten selbst bedacht und angesprochen.

 

Ansonsten kann auch ein eigens zertifizierter niedergelassener Facharzt eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme beantragen. Man kann sogar über die zuständige Krankenversicherung oder den Rentenversicherungsträger eine stationäre Rehabilitation beantragen, die dann von den dortigen ärztlichen Diensten auf ihre Notwendigkeit hin geprüft wird.

 

Welche rehabilitativen Behandlungen kann man im Anschluss an die stationäre Rehabilitation erhalten?

Im Anschluss an die stationäre Rehabilitation können rehabilitative Behandlungen über die ambulant weiterbehandelnden Ärzte, also über den Hausarzt oder die beteiligten Fachärzte (Neurologe, Neuroonkologe, Onkologe), veranlasst werden. Diese werden dann Krankengymnastik, Ergotherapie oder Logopädie auf Rezept verordnen.

 

Schwieriger ist es mit sogenannter neuropsychologischer Hirnleistungsbehandlung, da ambulante Neuropsychologie leistungsrechtlich bei den Krankenversicherungsträgern meist nicht anerkannt ist. In der Neuroonkologie sehr erfahrene Kliniken setzen deshalb bereits in der stationären Reha computergestützte neuropsychologische Behandlungsverfahren ein, die dem Patienten durch seinen Krankenversicherungsträger als Software zur Nutzung zu Hause zur Verfügung gestellt wird. Alternativ kann eine kognitive Ergotherapie verordnet werden.

 

© Deutsche Hirntumorhilfe e.V.

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